Transnistrien, mit der Hauptstadt Tiraspol, ist eine der russischen Föderation zugewandte autonome Region in Moldawien. Die meisten Einwohner sind Russen und wollten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihre Heimat nicht verlassen. So gründeten sie ihre eigene Republik, die allerdings von keinem Staat der Welt anerkannt ist. Der Bürgerkrieg dauerte von 1990 bis 1992 und wütete am schwersten in der Stadt „Bendery“. Am Gebäude der Registration sind die Einschusslöcher noch deutlich zu sehen. Heute ist Transnistrien mit eigener Währung, Gesetzgebung, Regierung und Grenzsicherung komplett autonom, wird aber von Moldawien ignoriert und als abtrünnige Provinz behandelt. Kernstück des Gebietes sind die beiden Städte Tiraspol und Bendery.
In Tiraspol findet man das entspannte Leben einer geruhsamen Kleinstadt. Die Menschen sind betont freundlich und entspannt. Die jungen Frauen flanieren am Abend auf der Hauptstraße und Pärchen sitzen verliebt, händchenhaltend im Park. Von Repressalien, die ich in einer abgespaltenen Republik mit russischer Unterstützung erwartet hatte, war nichts zu spüren. Im Gegenteil, die Menschen wirken zufrieden und glücklich. Wie Du nach Tiraspol kommst, beschreibe ich im Artikel: Von Odessa nach Chisinau
Informationen über Einreisebedingungen, Visum, Steckdosen, Geld abheben und vieles mehr, findest Du unter Reisevorbereitung Transnistrien
Anfahrt nach Tiraspol
Mit dem Taxi nach Tiraspol
Die schnellste Lösung ist der direkte Weg. Mit 4 Leuten ist der Preis fast so günstig wie der Bus. Die Anfahrt ist auch nicht das Thema, sondern die Grenzübergänge. Da sich die Parteien nicht besonders freundlich gesinnt sind, dauern die Kontrollen besonders lange. Das ganze verzögern sich noch entscheidend, wenn du Westeuropäer bist.
Mit dem Bus nach Tiraspol
Ein guter Kompromiss ist der Bus. Sehr preiswert, sehr eng und bei der Kontrolle wirst du nicht so genau kontrolliert. Der fährt aber nur alle Nase lang und wartet nicht auf Dich.
Hostels und Hotels in Tiraspol
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Hostel
Um nicht allein durch die autonome Republik zu wandern, besorgten wir uns einen Local. Roman spricht super Englisch und ist ein begnadeter Stadtführer. Wir schliefen zu fünft bei Roman, der uns für 15 EUR pro Person seine Wohnung zur Verfügung stellte. Dadurch hatten wir auch jeden Tag die Möglichkeit einer Stadtführung zu den verschiedenen Punkten. Von der Wohnung brauchten wir 10 Minuten mit dem Bus in die City. Kosten, ganze 3,50 Rouble.
Hotel Timoty
Auf dem Weg in die City begegnete mir noch ein Hotel, welches ich natürlich aufsuchte, um mir ein Bild von den Preisen zu machen. Das Doppelzimmer kostete 45 EUR, die Nacht inklusive Frühstück, die Junior Suite inklusive Arbeitszimmer mit riesigem Schreibtisch 81 EUR. In beiden Zimmer war gutes WLAN vorhanden, was für mich super wichtig war, da Touristen in Transnistrien keine SIM Karte bekommen. Für weitere Hotels in der Stadt gibt es noch bei paar Alternativen auf Booking.com
Sehenswürdigkeiten in Tiraspol
Straße zum 25. Oktober (Strada 25 Octombrie)
Haupt- und Flanierstraße in Tiraspol ist die Straße zum 25. Oktober (Sieg der Oktoberrevolution 1917). Hier reihen sich alle administrativen und konsumstechnischen Bauwerke aneinander. Auf dem breiten Boulevard am Ende der Straße finden somit auch die großen Aufmärsche zu den Jahrestagen, ganz nach russischem Vorbild, statt. Das obere (westliche) Ende ist leicht bei Google Maps zu finden, es liegt nahe der Krümmung des Flusses Tyra.
Mahnmal der Gefallenen
Fangen wir also am oberen Ende der Straße zum 25. Oktober oder am Anfang, je nach Sichtweise, an und laufen ostwärts in die City. Hier befindet sich das Ehrenmal der Gefallenen des moldawisch – transnistrischen Unabhängigkeitskrieges von 1990 bis 1992. Ein größeres Areal mit einer orthodoxen Kirche (Saint Georg Chapel) und dem Panzerdenkmal der russischen Gefallenen im Kampf gegen Deutschland. Der Panzer ist ein Original aus dem Zweiten Weltkrieg, aufgetürmt auf Erde, die extra aus der russischen Heimat für diesen Zweck herbeigeschafft worden war. Halleluja!
Selfie Point (Ich liebe Tiraspol)
In der heutigen Welt hast Du nicht erlebt, was Du nicht dokumentieren kannst! So oder so ähnlich hatte es ein Freund beschrieben. Also schnell noch ein Selfie vor dem „Ich liebe Tiraspol“ Schriftzug, damit die Welt Dein Gesicht auch mal wieder sieht. Facebook sei Dank.
Markthalle
Nach so viel heroischer Ideale darf der Tourist auch gerne was essen. Direkt gegenüber befindet sich die Markthalle, in der Bauern die Früchte ihres Feldes zu Markte tragen. Sehr freundliche Menschen mit tollen selbstgemachten Gerichten. Ich glaube hier brauchen sich Ernährungsbewusste keine Sorgen, um chemische Dünger zu machen, dafür fehlt hier das Geld.
Konsulate der Republiken Abchasien & Südossetien
Da kein Land (außer Russland natürlich) Transnistrien anerkennt, gibt es in der Hauptstadt Tiraspol auch keine Botschaften. Wie schon in der Länderübersicht beschrieben, ist bei diplomatischen Verwicklungen die deutsche Botschaft in Moldawien nicht zuständig und Du bist auf Dich allein gestellt. Trotzdem gibt es Konsulate von zwei anderen Republiken, die ebenfalls nicht von der Weltgemeinschaft anerkannt werden. Also gründen die Aussätzigen einfach ihren eigenen Club und erkennen sich gegenseitig an. Die beiden Konsulate findet ihr auf der rechten Seite stadteinwärts. Ziemlich unspektakulär, aber lustig.
Haus der Sowjets (Rathaus)
Deutlich spektakulärer als die Konsulate ist dagegen das Rathaus (Dom Sowjetow). Das Bauwerk ist ein Symbol für den klassischen stalinistischen Stil, wie er in der DDR Protokollstrecke der Karl-Marx-Allee in Berlin verbaut wurde. Sehr nice.
Essen in Tiraspol
Dolce Vita
Mein absolutes Lieblingsrestaurant ist das Dolce Vita, ehemals 7 Fridays. Der Nachbau eines amerikanischen Diners gefällt der Jugend sehr gut und wird bestens genutzt. Hier treffen sich die Jugendlichen zum Quatschen und Essen. Die Hamburger sind gut und die Preise super. UND es gibt gutes WLAN. Adresse: Straße zum 25. Oktober 112.
Kakadu
Gut frühstücken kann man dagegen ein paar Querstraßen weiter Richtung Westen auf derselben Straßenseite im Kakadu. Eigentlich am Abend eine Cocktailbar machen die Küchenjungs am Morgen ein superfrisches Frühstück für die verkaterten Nachtschwärmer.
Nightlife in Tiraspol
Vintage und Palazo
In den beiden Nachtclubs findet sich die typisch russische Kultur wieder. Hier bestätigten sich auch wieder alle meine Vorurteile. Frauen, die, wie aus dem Ei gepellt, ihre Weiblichkeit demonstrieren und Männer, die aussehen wie ein Teller bunte Knete. Es muss am russischen Mann wohl andere Qualitäten geben als Kleidung und Körperpflege. Wir waren als männliches Trio unterwegs und wurden erstmal an der Tür sehr professionell durchsucht. Auch ansonsten waren die Türsteher immer höflich und sehr entspannt. Was mich wunderte, weil unser amerikanischer Kollege die Weisung: „Mit dem Getränk nicht auf die Tanzfläche“, vollständig ignorierte! Alle 10 Minuten holte ein breiter, muskulöser Aufseher ihn von der Tanzfläche und zeigte mit deutlichem Kopfschütteln auf sein Glas. Unser Ami nickte eifrig, lehnte sich an die Bar, schaute auf die Frauen und torkelte wieder auf die Tanzfläche, um mit der neu erwählten Schönen zu tanzen. Natürlich wieder mit seinem Glas. Und wieder kam, mit stoischer Gleichmut, ein Aufseher. Das Ganze 5-7 mal, ohne dass die Jungs ihren Gleichmut verloren. Bemerkenswert.
Insgesamt sind die Menschen, die mir in Tiraspol begegnet sind, immer höflich und hilfsbereit gewesen. Eine sehr angenehme Stadt.
Party-Boot
Richtig feiern lässt sich auch am Abend auf dem Schiff. Die Tour geht den Fluss ohne große Sehenswürdigkeiten entlang. Aber darum geht es auch nicht, ist eh dunkel. Eigentliches Ziel ist bis zur Ankunft am Heimatsteg volltrunken zu sein. So wurde mir auch auf dem Schiff, nach dem Toilettengang der Rückweg zu meinen Freunden verwehrt. Fünf riesige Russen hatten erkannt, dass ich Ausländer war und bestanden darauf, mit ihnen Geburtstag zu feiern. Ich durfte nicht eher aufstehen, bis die Flasche leer war. Alle, die auf der Suche nach mir aufgegriffen wurden, ereilte das gleiche Schicksal. Auch mein energischer Protest, dass ich aufstehen müsse, um auch eine Flasche beizusteuern, wurde unterbunden. Ich habe schließlich nicht Geburtstag, mein Job ist es zu trinken, wurde mir erklärt! Und so wurde Flasche um Flasche geleert. Wenn ihr euch dabei die Achtung eurer Entführer verdienen wollt, verweigert, mit Fanta nachzuspülen, das süße Zeug ist nur für Mädchen. Danach waren wir die besten Freunde.
Bender
zweitgrößte Stadt in Transnistrien
Zwanzig Minuten mit dem Bus entfernt befindet sich die Stadt Bender (Bendery). Hier tobten im Unabhängigkeitskrieg 1990-1992 die stärksten Kämpfe in der Region. Kurzzeitig gelang es auch moldawischen Truppen, die Stadt zu erobern und zu halten, doch dann gewannen die Milizen wieder die Oberhand und kontrollierten die Stadt bis zum Waffenstillstand 1992. Allein die Vororte gehören zur Republik Moldau. Hier gibt es eine regelmäßige Busverbindung. Auch sonst ist der Grenzverkehr erstaunlich entspannt und die Kontrahenten haben sich mit der Situation abgefunden. Direkt im Stadtkern von Bender ist das Café zu empfehlen. Hier lässt es sich gut nach der Stadtbesichtigung einkehren. Bis auf die Festung Bender solltest Du aber keine großen Sehenswürdigkeiten erwarten. Bendery ist eine Kleinstadt, wie sie im Buche steht.
Festung Bender
Der Ort Bender wird erstmals 1408 in einem Dokument erwähnt und wenig später werden auch erste Befestigungen in der Nähe der Stadt gebaut. Die Osmanen, welche von 1538 bis 1812 in der Stadt herrschten, bauten die Befestigungen zu einer Festungsanlage aus, die heute zu den Sehenswürdigkeiten von Transnistrien gehören. Was früher nur Staatsgästen vorbehalten war, wird im Zuge des Tourismusmarketings jetzt allgemein vermarktet. Die Anlage steht in einem militärischen Sperrgebiet und war lange Zeit tabu. Heute kannst Du vom Wehrturm das komplette militärische Gelände einsehen.
Die Festung spielt gerade in der schwedischen Geschichte eine bedeutende Rolle. König Karl XII. flüchtete nach seiner Niederlage gegen das russische Reich in die Arme des osmanischen Sultans und verschanzte sich auf der Festung. Von hier aus versuchte er die Osmanen zum Kriegseintritt gegen die Russen zu überreden. Nach einem diplomatischen Missverständnis sollte er aber aus der Burg geworfen werden und widersetzte sich. Hier kam es zum „Handgemenge von Bender“, was mit seiner Festnahme durch die Osmanen endete.
Die zweite Berühmtheit, die mit der Festung in Verbindung gebracht wird, ist Baron von Münchhausen. Eine seiner Lügengeschichten (der Ritt auf der Kanonenkugel) spielte sich in der Festung Bender ab. Die Kugel steht heute noch am Eingang und kann für Erinnerungsfotos bestiegen werden.